In Europa erkranken jährlich ungefähr 13 bis 14 von 100.000 Menschen an einer Niereninsuffizienz, wobei das Risiko mit zunehmendem Alter steigt. Bleibt die Krankheit unbehandelt, kann sie im schlimmsten Fall zu einem Nierenversagen und einer lebensbedrohlichen Urämie (Harnvergiftung) führen.

Von einer chronischen Nierenerkrankung oder Niereninsuffizienz spricht man, wenn die Nierenfunktion über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten eingeschränkt ist oder die Nieren geschädigt sind. Die Diagnose erfolgt durch Blut- und Urinuntersuchungen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Aufbau & Funktion der Niere

Die Nieren sind lebenswichtige Organe, die das Blut von Stoffwechselabfällen und aufgenommenen Giftstoffen reinigen. Sie regulieren zudem den Blutdruck, den Knochenstoffwechsel sowie die Blutbildung und -gerinnung. Bei einer Nierenschwäche sammeln sich giftige Abbauprodukte im Körper an, was zu vielfältigen Beschwerden führt.

Die Nieren bestehen aus über einer Million Nierenkörperchen (Glomeruli), die feine Blutgefäße enthalten. Diese wirken wie ein Filter und reinigen das Blut von Abfallstoffen (siehe Abb. 1).

Bei chronischem Nierenversagen sind die Nierenkörperchen geschädigt. Wenn zu viele davon zugrunde gehen, können die Nieren giftige Stoffe nicht mehr vollständig ausscheiden, was zu einer Harnvergiftung führt. Zudem können sich Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) bilden, weil die Nieren die aufgenommene Flüssigkeit nicht mehr richtig ausscheiden können.

Ursachen & Risikofaktoren

■ Diabetes mellitus

■ Bluthochdruck

■ Nierenentzündungen

■ Zystennieren

■ Medikamente (nicht steroidale Antirheumatika: Diclofenac, Paracetamol, Ibuprofen)

Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an einer chronischen Niereninsuffizienz zu erkranken, ohne sie direkt auszulösen. Dazu gehören höheres Alter, männliches Geschlecht, Proteine im Urin, Übergewicht und Nikotinkonsum.

Diagnose

Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung inklusive Blutdruckmessung. Wichtige Bluttests bestimmen Werte wie Kreatinin, Harnstoff, die Kreatinin-Clearance und die glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Zusätzlich werden spezielle Antikörper untersucht und Urinproben analysiert. Eine Ultraschalluntersuchung der Nieren kann ebenfalls erforderlich sein, in einigen Fällen wird eine Nierenbiopsie durchgeführt.

Behandlung

Die Behandlung einer chronischen Niereninsuffizienz hängt von der Ursache und dem Schweregrad ab, mit dem Ziel, das Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen. Da zerstörtes Nierengewebe nicht wiederhergestellt werden kann, ist eine frühzeitige Diagnose entscheidend, besonders bei Bluthochdruck und Diabetes. Die Therapie umfasst blutdrucksenkende Medikamente, Cholesterinsenker und eine gute Blutzuckerkontrolle. In fortgeschrittenen Fällen werden zusätzliche Mittel gegen Anämie, Knochenprobleme und Übersäuerung eingesetzt. Eine kaliumarme Ernährung hilft, Herzrhythmusstörungen vorzubeugen.

Verlauf & Prognose

Die chronische Nierenerkrankung entwickelt sich in den meisten Fällen langsam über Jahre oder sogar Jahrzehnte (siehe Abb. 2). Viele Patienten sind im späteren Verlauf auf eine Nierenersatztherapie angewiesen. Grundsätzlich stehen dafür vier Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:

 Die Blutwäsche (Hämodialyse) wird in der Regel dreimal pro Woche für jeweils etwa vier Stunden in einem Dialysezentrum durchgeführt.

■ Die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse) erfolgt täglich zu Hause und wird vom Patienten selbst- ständig durchgeführt.

■ Eine Nierentransplantation ist auch für ältere Patienten möglich und kann selbst bei Blutgrup- penunverträglichkeit erfolgen.

■ Die konservative medikamentöse Therapie ist bei hochbetagten Patienten eine mögliche Option.

Eine chronische Nierenerkrankung im Endstadium hat weitreichende Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen. Ernährung und Trinkverhalten müssen an die Krankheit angepasst werden, besonders bei einer Dialysetherapie, bei der oft nur wenig getrunken werden darf.
Die zeitintensive Nierenersatztherapie beeinflusst das Berufs- und Privatleben stark und die psychische Belastung durch die lebenslange Behandlung ist häufig erheblich. Der Austausch mit anderen Betroffenen, etwa in Selbsthilfegruppen, kann dabei sehr unterstützend sein.

Um die Nieren zu schützen, ist ein gesunder Lebensstil entscheidend: Verzicht auf Rauchen, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Blutdruck- und Blutzuckerkontrollen sowie ausreichende Bewegung und Flüssigkeitszufuhr.
Bei ärztlichen Untersuchungen sollten Ärzte immer über eine eingeschränkte Nierenfunktion informiert werden, da viele Medikamente, auch frei verkäufliche, die Nieren schädigen können. Das österreichische Vorsorgeprogramm „niere.schützen“ fördert die Früherkennung chronischer Nierenerkrankungen, was das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und das Risiko schwerwiegender Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern kann.

Kontakt und weitere Informationen

Dr. Martina Wernig
Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie
und Nephrologie

Privatklinik Maria Hilf
T: +43 (0)463 5885-0
E: martina.wernig@humanomed.at

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