Raus aus der Depression

In der Privatklinik Villach sprechen wir mit Frau Dr. Markowitsch-Gasser über die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten, die zur Besserung depressiver Episoden beitragen können. Wir sprechen über Wirkungsweisen, Irrmeinungen, über Menschen und ihre Wege. Und über die wirkungsvolle Elektrokrampftherapie, kurz EKT.

Sehr geehrte Frau Dr. Markowitsch-Gasser, die Behandlungsmöglichkeiten werden je nach Form und Schweregrad der Erkrankung individuell bestimmt. Uns interessiert die medikamentöse Therapie: Gibt es hier Unterschiede zu beachten?
Dr. Markowitsch-Gasser: Ja, es gibt viele Faktoren zu beachten. Grundsätzlich gilt: Die medikamentöse Behandlung startet als Monotherapie. Das bedeutet, dass lediglich ein Antidepressivum eingenommen wird. Je nach Art und Schweregrad der Depression wird das Medikament ausgewählt und entweder abends oder morgens verabreicht. Das hängt davon ab, ob der Patient an einer agitierten oder einer gehemmten Form der Erkrankung leidet. Die eine Form verlangt die beruhigende Wirkung am Abend, die andere verlangt eine
Antriebssteigerung am Morgen. Wichtig für jede medikamentöse Therapie sind das langsame Einschleichen und Aufdosieren des Antidepressivums bis zur ausreichenden Dosis. Bis das Medikament seine Wirkung zeigt, braucht es je nach Patienten mindestens zwei bis drei Wochen. Diese Phase zu überbrücken, ist für den Betroffenen oft schwer.

Weil in dieser Zeit noch keine Besserung eintritt?
Dr. Markowitsch-Gasser: Ja genau. Und das Tückische ist, dass der Antrieb schneller gesteigert wird, als die psychische Stabilisierung erfolgt. Das bedeutet: Patiente können eine für sie unangenehme innere Unruhe verspüren. Deshalb werden zur Überbrückung dieser Phase oftmals zusätzlich sedierende Medikamente verordnet. Sobald die psychische Stabilisierung einsetzt, lässt man diese wieder ausschleichen.

Was, wenn sich auch nach dieser Phase keine Besserung zeigt?
Dr. Markowitsch-Gasser: Wenn das erste Antidepressivum nicht die erwünschte Wirkung zeigt, wird ein Medikament einer anderen Wirkstoffklasse versucht. Wieder ist es wichtig, das Medikament ausreichend dosiert und ausreichend lang täglich einzunehmen. Im Fall einer schweren Depression kommt auch häufig eine Augmentationstherapie zum Einsatz. Das bedeutet: Die Wirkstoffverstärkung eines Medikaments durch die Zugabe eines zusätzlichen gänzlich anderen Wirkstoffs, beispielsweise Lithium oder Neuroleptika.

Die erwünschte Verbesserung ist eingetreten. Wie wird die medikamentöse Behandlung beendet?
Dr. Markowitsch-Gasser: Wenn sich der Gesundheitszustand stabilisiert, wird die Einnahme des Medikaments, das gute Wirkung zeigt, noch weitere vier bis neun Monate in dieser Dosis beibehalten. In Begleitung eines Facharztes lässt man das Medikament langsam ausschleichen. Abruptes Absetzen kann zu unangenehmen Absetzphänomenen führen, wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen oder Übelkeit.

Hier ist wichtig, eine häufige Irrmeinung klarzustellen: Absetzphänomene sind keine Entzugserscheinungen. Von Antidepressiva wird man nicht abhängig. Antidepressiva verändern nicht die Persönlichkeit des Menschen. Ich sage das bewusst, weil wir es hier nach wie vor mit einem Tabu-Medikament zu tun haben.

Die Privatklinik Villach bietet zusätzlich zur medikamentösen Therapie auch noch die Elektrokrampftherapie an: Welche Wirkung wird dadurch erzielt?
Dr. Markowitsch-Gasser: Hierbei handelt es sich um eine in den allgemeinen Behandlungsrichtlinien verankerte, sehr wirkungsvolle Therapie, die nach fehlgeschlagenen medikamentösen Behandlungsversuchen zum Einsatz kommen kann. Ziel ist es, durch gezielte elektrische Impulse die Neuorientierung von Synapsen und Neurotransmittern im Gehirn zu bewirken. Die medikamentöse Therapie wird begleitend weiterhin fortgesetzt.

Entdeckt wurde die Wirkung der Methode durch einen Zufall, als ein Psychiater den epileptischen Anfall eines psychisch kranken Patienten beobachtete und im Nachhinein eine enorme Verbesserung seines Zustands bemerkte. Heute ist die Therapieform weltweit im Einsatz.

Wie darf man sich eine solche Therapie vorstellen?
Dr. Markowitsch-Gasser: Durch unser eingespieltes, erfahrenes Team läuft die Behandlung völlig ruhig ab. Anästhesist, Psychiater, Pfleger und Patient sind anwesend. Unter Kurznarkose werden dem Patienten Elektroden am Kopf unipolar angelegt, also auf der nicht dominanten Körperseite, da nach der Behandlung reversible Gedächtnisstörungen auftreten können. Nur im Fall einer sehr schweren Form der Erkrankung werden die Elektroden bipolar angesetzt, um die Wirkung zu verstärken. Auch hier sind die Nachwirkungen reversibel.

Unter strenger Überwachung krampft der Patient durch die gezielten elektrischen Impulse für einen kurzen Zeitraum, verschläft die Behandlung jedoch völlig. Nach dem Aufwachen ist der Patient umgehend wieder fit. Meist handelt es sich um stationäre Patienten, da für die erste Behandlungsserie acht bis zehn Behandlungen nötig sind. Zweimal wöchentlich wird die EKT durchgeführt. Die Intensität des Impulses kann je nach Bedarf gesteigert werden. Nach abgeschlossener Therapie werden in ausschleichenden Abständen Erhaltungs-EKTs ambulant abgehalten.

Kontakt und weitere Informationen

OÄ Dr. Dagmar Markowitsch-Gasser
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie

Privatklinik Villach
T: +43 (0)4242 3044-0
E: dagmar.markowitsch-gasser@privatklinik-villach.at

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