Update: Knie-Endoprothetik
Kinematisches Alignment auf dem Vormarsch

Bereits seit 2007 implantiert Dr. Freithofnig primär alle künstlichen Hüftgelenke ausschließlich über den vorderen Zugang – und zwar lange bevor die mittlerweile weltweit einflussreiche Minimalinvasive Hüftoperationstechnik ihre breite Anhängerschaft fand. Nun befindet sich der erfahrene Chirurg in einer ähnlichen Situation: Wieder setzt er auf eine noch neue Art der Gelenksersatzoperation. Diesmal betrifft es jedoch das Kniegelenk. Wir sprechen mit Dr. Freithofnig über das Kinematische Alignment, über chirurgische Unterschiede und Vorteile für den Patienten.

Sehr geehrter Herr Dr. Freithofnig! Einmal Vorreiter, immer Vorreiter: Woher stammt Ihre Begeisterung für Fortschritt und neue Techniken?

Dr. Freithofnig: Tatsächlich war es für mich zu jeder Zeit sehr spannend, innovative Forschung zu verfolgen und diese Weiterentwicklung in der chirurgischen Praxis umzusetzen. Mittlerweile darf ich mein Wissen bezüglich Minimalinvasiver Hüftchirurgie und Kniegelenkschirurgie an Fachkollegen weitergeben. Und ich bin auch überzeugt, dass das Kinematische Alignment einen Meilenstein im Kunstgelenksersatz des Knies bedeuten kann.

Schon sind wir beim Thema: Kinematisches Alignment. Was macht den innovativen Ansatz in der Kniegelenkschirurgie aus?

Dr. Freithofnig: Dazu muss gesagt sein, dass es laut Studien bereits seit Jahrzehnten immer wieder Patienten gibt, die nach Kniegelenksersatzoperationen nicht vollkommen
zufrieden sind. Die Medizin war also mit der Frage konfrontiert, welche Ursache den Beschwerden zugrunde liegen könnte. Es brauchte einen neuen Zugang. Das Ergebnis war eine Technik, die nicht länger darauf abzielt, jedes Bein gerade zu stellen, sondern die Kniegelenksanatomie so zu rekonstruieren, wie sie vor der Arthrose war – und zwar unter Berücksichtigung der individuellen Achsverhältnisse und der Stellung des Gelenks. Die Idee zum Kinematischen Alignment war geboren. Heute operiere ich in der Privatklinik Maria Hilf ausschließlich nach dieser Gelenksersatztechnik.

Praxisbericht: Was verändert sich dadurch chirurgisch?

Dr. Freithofnig: Bei der bisher etablierten mechanischen Alignment-Technik gibt es nur ein Rezept für alle Situationen. Es soll immer ein gerades Bein mit 90 Grad Knochenresektion am Ober- und Unterschenkel hergestellt werden. Oft sind Eingriffe am Bandapparat notwendig. Untersuchungen zeigen aber, dass nur circa 15 % der gesunden europäischen Bevölkerung ein gerades Bein mit gerader Gelenkslinie haben. Der Großteil liegt in einem Bereich zwischen 6 Grad O-Bein und 3 Grad XBein. Durch die kinematische Aligment-Technik entferne ich je nach individueller Gegebenheit jedoch nur so viel Knochen, dass die Prothese darübergezogen werden kann. Auf eine Verlängerung der Bänder kann verzichtet werden. Individuelle Bewegungsmuster, die Ausrichtung der Gelenkslinie, die natürliche Beuge-, Rotations- und Patellagleitachse sowie die ursprüngliche Spannung der Bänder bleiben erhalten.

Technik & Tools: Worauf kommt es beim Kinematischen Alignment an?

Dr. Freithofnig: Vor dem Einbau einer Prothese wird nach maßstabsgetreuem Röntgenbild eine individuelle Planung durchgeführt. Auf Grundlage dieser Planung können notwendige Schnittwinkel wie auch die Größe der Prothese vorhergesagt werden. Ideal eignen sich Knieprothesen, die nach den Funktionen des menschlichen Kniegelenks konstruiert wurden: nämlich auf der Innenseite stabil, im Außenbereich etwas lockerer, um ein gewisses Spiel für Rotationsbewegungen des Unterschenkels zuzulassen.

Wie geht es den Patienten? Gibt es bereits Verbesserungen in puncto Zufriedenheit?

Dr. Freithofnig: Kinematisches Alignment zielt darauf ab, durch die Operation den Zustand wiederherzustellen, der vor der Entwicklung der Arthrose bestanden hat. Warum? Weil der Patient auf seine individuellen Verhältnisse eingespielt war – und so auch nach der Operation wieder besser damit zurechtkommt. Neue Studien zeigen, dass Patienten durch das Kinematische Alignment eine höhere Zufriedenheit und bessere Beweglichkeit haben, die Rehabilitation schneller verläuft und auch die Propriozeption, also die Eigenwahrnehmung des Gelenks im Raum, besser ist. Selbst die Notwendigkeit von Reoperationen nach zehn Jahren fällt geringer aus.

 

Kontakt und weitere Informationen

Dr. Heinz Freithofnig
Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie

Privatklinik Maria Hilf
T: +43 (0)463 444-404
E: heinz.freithofnig@humanomed.at

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